MAN Steyr Betriebsrat kämpft und holt mehr raus

Transkript Folge 06 „Kowall redet Tacheles“

Am 7. April gab es im LKW-Werk von MAN in Steyr eine Abstimmung unter allen 2.300 Beschäftigten. Die Belegschaft hat beinahe geschlossen teilgenommen und für eine Sensation gesorgt: Fast zwei von drei Beschäftigten haben sich gegen das Übernahmeangebot von Manager Sigi Wolf ausgesprochen. Nach Wolfs Abstimmungsniederlage hat MAN angekündigt den Standort Steyr zu schließen. Die FPÖ Oberösterreich hat die Ereignisse so kommentiert: „Der eingeschlagene Weg hat sich nun als falsch erwiesen und es wird wohl ein Irrglaube sein, den Konzern durch Klagen umstimmen zu können, den Standortsicherungsvertrag doch (…) einzuhalten.“

Hat der Betriebsrat völlig verantwortungslos gehandelt? Wollen die Beschäftigten in Steyr lieber gar keinen Job als 15 Prozent weniger Lohn? Gab es hier Informationsdefizite, wie Oberösterreichs Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner mutmaßte? Haben die Hackler einfach nicht kapiert, worum es bei der Abstimmung es geht? 

Reden wir einmal Tacheles Intro

Das MAN Management möchte das LKW-Werk in Steyr schließen und die Produktion nach Polen verlagern. Dennoch könnte der Standort erhalten bleiben, wenn sich ein Investor findet.

Der Manager Sigi Wolf hat ein Konzept für die Weiterführung des Betriebs vorgelegt. Dabei würden allerdings eintausend Leute den Job verlieren, die die bleiben müssten 15 Prozent weniger Lohn hinnehmen. Das haben die Beschäftigten mit großer Mehrheit abgelehnt.

Aus der Sicht der Belegschaft ist der Standort Steyr nämlich mehr wert als Sigi Wolf geboten hat. Und zwar gerechnet in Arbeitsplätzen, Lohnhöhe und Sozialplänen. Der Betriebsrat hat dafür auch handfeste Argumente: Erstens war das Werk in Steyr immer rentabel, zweitens lag der Gewinn im Jahr 2019 bei 20 Mio. Euro und damit im Konzernschnitt. Hinzu kommt, dass sich die wirtschaftliche Situation von MAN schon im Herbst wieder verbessert hat. Das erste Quartal 2021 brach sogar alle Rekorde bei den Aufträgen. Der LKW-Spalte von VW, die in der Firma Traton zusammengefasst ist und zu der auch MAN gehört, geht es prächtig.

Zwischen dem Betriebsrat und Sigi Wolf konnte nun ein deutlich besseres Ergebnis erzielt werden als jenes, das im April zur Abstimmung vorgelegt wurde. Viele werden jetzt entweder nicht entlassen oder bekommen einen deutlich besseren Sozialplan. Das ist vor allem jenen Kolleginnen und Kollegen zu verdanken, die trotz des enormen Drucks von Seiten des Managements mit „Nein“ gestimmt haben.

Interessant wäre, was die FPÖ Oberösterreich dazu zu sagen hat. Sie wird wohl lieber schweigen.

Besonders laut schweigen sollten Wirtschaftssprecherin Evelyn Kattnigg, der Vize-Bürgermeister von Steyr Helmut Zöttl und der Obmann der FPÖ Arbeitnehmer – ja sowas gibt’s – Gerhard Knoll. Sie alle hatten nach der Abstimmung Betriebsrat und Belegschaft gescholten und davon gesprochen, dass dies für viele eine „persönliche emotionale Entscheidung“ war. Sprich, aus Sicht der FPÖ war die Abstimmung eine Kurzschlussreaktion der Belegschaft. Doch davon kann keine Rede sein.

Es ist auch falsch, dass die Hackler nicht kapiert haben worum es eigentlich gegangen ist, wie Landesrat Achleitner durch die Blume angedeutet hat. Das Angebot von Wolf war einfach zu schlecht und Betriebsrat und Belegschaft hatten den Mut zu sagen: wir sind mehr wert!

Doch von der FPÖ Oberösterreich hieß es dazu: Hier dürfte man sich von Seiten des Betriebsrates vergaloppiert haben. Die Schuldigen waren aus Sicht der Freiheitlichen auch schnell gefunden. Nämlich der „rein SPÖ-dominierte Betriebsrat.“ Und die Abstimmung, so die Blauen, ist „offensichtlich auch das Ergebnis des falsch eingeschlagenen politischen Weges der SPÖ.“ Was versucht die FPÖ hier den Leuten zu vermitteln: Wir sind die bessere Vertretung der Hackler. Tja, nur wenn’s für die Beschäftigten wirklich drauf ankommt, zeigt sich: Die Blauen werfen sich vor Konzernen wie VW bei erster Gelegenheit in den Staub. Die roten Betriebsräte kämpfen, riskieren und holen letztlich viel mehr für die Beschäftigten raus.

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